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Zur Hausbesetzung in Essen

In der Nacht von Sonntag auf Montag, 06.-07. September, wurde ein Haus in Essen am Weberplatz von einem losen Zusammenschluss von Aktivist*innen besetzt. Das Haus hiess bis dato “Freiraum Weberplatz” und zählte als städtisches Gebäude – die Aktivist*innen nannten das Haus um in “Zentrum für Antirassistische Politik”, was ihr Anliegen, einen Raum für Selbstorganisation fernab üblicher rassistischer Diskriminierung, und weiterer Diskriminierungsformen, zu schaffen, verdeutlicht. Kurz darauf bildete sich die Kampagne @KampagneZ (Twitter), die sich als solidarisches Unterstützer*innen-Netzwerk für die Besetzung zeigt.

 

 

 

 

 

 

Besetzung Weberplatz, Foto: Montag Vormittag, 07. September

Am Tag nach der Besetzung, um 16 Uhr am Montag, veranschlagten Vertreter*innen der Stadt sogenannte “Verhandlungen” – während kurze Zeit später die Polizei Essen bekanntgab, dass die Stadt Essen Anzeige gestellt hatte und die Räumung nun verabschiedet sei. Als Gründe wurde etwa die Baufälligkeit des Gebäudes genannt, tatsächlich sei laut Baudezernat jedoch nur die Fassade des Gebäudes baufällig, nicht der innere Teil. Die sogenannten Verhandlungen zwischen Polizei und Aktivist*innen bezogen sich dann nur noch auf den Ablauf der Räumung ab 17 Uhr, die Besetzer*innen verweigerten selbstständig das Gebäude zu verlassen. Um den Weberplatz herum positionierten sich in allen Seitenstrassen mehrere Polizeiwannen, der Weberplatz selbst füllte sich mit mehreren hundert Unterstützer*innen. Gegen 17.30 begann die Räumung, und Polizeikräfte drangen in das Gebäude ein.

Was darauf folgte kann mit mehr als Schikane beschrieben werden. Über 10 Aktivist*innen wurden aus dem Haus geschleift, teils unter Schreien. Die Besetzer*innen wurden entweder direkt entlassen oder in die Gefangenen-Sammelstelle gebracht. Anfangs war unklar, in welcher Stadt die Besetzer*innen untergebracht sind, auch das kann als Teil von Schikane angenommen werden. Die Polizei zog etwa an den Haaren einer Aktivistin. Eine weiblich gelesene Person, die unter Panikattacken leidet, wurde in eine isolierte Zelle mit einem Polizisten in ein Auto gesperrt, statt ins Krankenhaus gefahren zu werden. Hier zeigte sich erneut der widerlichen Umgang der Polizei mit den Aktivist*innen, und außerdem fehlende Sensibilität innerhalb der Institution Polizei für jegliche Geschlechterungerechtigkeiten und Bedrohungssituationen. Keinerlei psychische Unterstützung wurde den Besetzer*innen bereitgestellt.

Während der Räumung kam es am Rande außerdem zur Aufnahme von Personalien von Personen, die die Besetzer*innen von draussen unterstützten und ihnen etwa zuriefen. Auch Pfefferspray wurde gegen Demonstrierende eingesetzt. Die Polizei trug in weiten Teilen keine Mund-Nasen-Bedeckung, und wurde damit zur Gefahr für alle Demonstrierenden.

Die Räumung zog sich bis zum späten Abend, nach 22 Uhr waren immer noch mindestens zwei Besetzer*innen auf dem Dach des besetzten Hauses angekettet. Die Feuerwehr untersagte der Polizei Mittel zur Räumung der Personen auf dem Dach, da für sie keine akute Gefahrensituation bestand. Auf dem Weberplatz waren bis in die Nacht Personen zur Unterstützung vor Ort. Leider mussten viele Unterstützer*innen weitere Schikanen der Polizei ertragen, etwa wurden sie in der Öffentlichkeit mit Grunzgeräuschen belästigt, was eher auf den Charakter der Polizei Essen schliessen lässt. In den Morgenstunden entschieden sich die Besetzer*innen auf dem Dach, selbstständig die Verkettung zu lösen und das Gebäude zu verlassen.

Dann wurde durch Anwaltkontakt bekanntgegeben, dass die Besetzer*innen in der Gefangenensammelstelle in Essen in der Büscherstrasse in Rüttenscheid festsitzen, und vor dem Gebäude wurde seit Dienstagnacht eine Mahnwache angemeldet, die immer noch anhält. Seit dem wurden mehr als 6 Menschen nach und nach aus der Gefangenheit entlassen, und berichteten von weiteren Schikanen bei ihrer Gefangennahme. Anrufe aus der GeSa (Gefangenen-Sammelstelle) wurden nicht direkt erlaubt, obwohl Anwaltskontakt prinzipiell rechtlich versichert wird. Es wurden den Besetzer*innen in Haft Medikamente verweigert. Außerdem wurden Menstruationsprodukte untersagt vorbeizubringen, und einer Trans-Person wurde in Gefangenschaft die Hormon-Medikation untersagt.

Mehr als 6 Aktivist*innen sind mittlerweile aus der Gefangenschaft in der GeSa Essen-Rüttenscheid entlassen, trotzdem geht der GeSa-Support weiter. Aber leider auch die Schikane der Essener Polizei. Die letzten beiden Aktivist*innen wurden auf die essener (Büscherstrasse) und dortmunder (Markgrafenstrasse) Polizeipräsidien aufgeteilt, was eine Unterstützung erschwert, da sie an beiden Orten stattfinden muss, um die Gefangenen nach ihrer Freilassung zu empfangen.

Am 09. September fand eine Spontan-Demonstration vom Weberplatz zum GeSa-Support in Rüttenscheid in Essen statt, die die Präsenz der Besetzung erhöhen sollte. Mit vielen Transparenten lief die eher kleine Demonstration über die Huyssenallee zum Polizeipräsidium.

Am heutigen Donnerstag, den 10. September, besteht immer noch die Mahnwache vor der GeSa in Essen, die Person, die zur Schikane nach Dortmund transportiert wurde, ist mittlerweile entlassen. Der Support in Essen wird momentan akut von der Polizei angegangen, Pavillions mussten entfernt werden und um die Mittagszeit kam es zu einem Kessel von Aktivist*innen durch die Polizei.

Mittlerweile sind alle Aktivist*innen aus der Gefangenschaft entlassen, die Mahnwache hat bis zum Ende aufrecht erhalten werden können!

Aktuelles zum GeSa-Support bei Twitter unter https://twitter.com/gesasupp (@gesasupp)

#BESETZEN #ZAPESSEN

Nun soll sich weiter mit der Frage beschäftigt werden, wie ein antirassistisches Zentrum in Essen erreicht werden kann. Stay tuned!